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Format
Studie
Date
10. April 2017

Neue Preismodelle für Energie

Grundlagen einer Reform der Entgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen auf Strom und fossile Energieträger

Neue Preismodelle für Energie

Einleitung

Im idealen Strommarkt geben Strompreise das Signal dafür, dass sich Angebot und Nachfrage in Echtzeit ausgleichen, Flexibilität angeboten wird und Kosten und Energieeffizienz erreicht werden. Wenn Strom knapp ist, mobilisieren hohe Preise den Betrieb von Speichern, Lastmanagement und Erzeugungsanlagen. Ist Strom im Überschuss vorhanden, dann locken die niedrigen Preise zusätzliche Abnehmer. Im Idealfall reizen Preise auch die richtigen Investitionen für ein verlässliches, effizientes und klimaschonendes Stromsystem an – auch an den Grenzen der Strom-, Wärme- und Verkehrssektoren.

In der Realität besteht der Strompreis für die meisten Verbraucher zu 75 bis 80 Prozent aus staatlich veranlassten, regulierten Preisbestandteilen. Energiesteuern, Netzentgelte, Abgaben und Umlagen summieren sich auf etwa 55 Milliarden Euro pro Jahr und erfüllen wichtige Funktionen in der Finanzierung des Stromsystems und der Energiewende. Sie überlagern aber oft fast vollständig das koordinierende Preissignal im Großhandel. Flexibilität anzubieten, lohnt sich etwa kaum, weil sofort Steuern, Entgelte, Abgaben und Umlagen fällig werden. Auch an den Sektorengrenzen stimmen die Preissignale nicht: Heizöl und Erdgas, Diesel und Benzin werden nach anderen Kriterien besteuert als Strom; es bestehen Fehlanreize bei Energieträgerwahl und Klimaschutz.

Die Reform des Steuer-, Entgelte-, Abgaben- und Umlagensystems steht deshalb dringend an, ist jedoch ein komplexes Unterfangen. Als Grundlage hierfür hat Agora Energiewende mit Unterstützung von E-Bridge, ZEW und TU Clausthal eine Analyse des aktuellen Preisgefüges vorgenommen und den Lösungsraum sondiert, der für eine grundsätzliche Reform des bestehenden Systems besteht. Damit wollen wir eine Grundlage legen für die Entwicklung konkreter Reformvorschläge, die in einer weiteren Studie erarbeitet werden sollen.

Kernergebnisse

  1. Strom wird um ein Vielfaches höher belastet als Benzin, Diesel, Erdgas oder Heizöl.

    Strom wird derzeit durch Steuern, Abgaben, Umlagen und Entgelte mit 18,7 Cent je Kilowattstunde (ct/kWh) belastet, Benzin mit 7,3 ct/kWh, Diesel mit 4,7 ct/kWh, Erdgas mit 2,2 ct/kWh und Heizöl mit nur 0,6 ct/kWh. Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man die impliziten CO₂-Belastungen der Energieträger vergleicht: Der Stromverbrauch hat mit 185 Euro je Tonne CO₂ die mit Abstand höchste implizite CO₂-Belastungen.

  2. Das derzeitige System der Steuern, Entgelte, Abgaben und Umlagen auf Energie verhindert eine kosteneffiziente Energiewende.

    Die sachlich inkonsistente Systematik verzerrt Kraftwerkseinsatz, Flexibilität und Nachfrage und verursacht Ausweichreaktionen. Zudem behindert sie Lastmanagement, Elektromobilität, Power-to-X-Technologien und eine effiziente Gebäudesanierung.

  3. Eine Reform des Netzentgelte-, Steuer-, Abgaben- und Umlagensystems ist dringlich.

    Mit jedem Jahr verschärft sich die Situation. Jeder Reformvorschlag sollte sich daher an vier Kriterien orientieren: volkswirtschaftliche Effizienz, Sicherstellung der Finanzierungsbasis, Verteilungsgerechtigkeit und Good Governance.

  4. Der effiziente Lösungsraum einer Reform enthält vier Kernelemente, die es sinnvoll zu kombinieren gilt:

    eine CO₂-orientierte Reform der Strom- und Energiesteuern, eine verursacher- und verteilungsgerechte Finanzierungsbasis für die Netze, eine sektorübergreifende Finanzierung der Energiewendekosten und das Einführen von zeitvariablen Tarifkomponenten.

Bibliographische Daten

Autor:innen
Dr. Jens Büchner, E-Bridge Consulting; Ass. jur. Franziska Lietz LL.M., Energie-Forschungszentrum der Technischen Universität Clausthal; Dr. Vigen Nikogosian, E-Bridge Consulting; Dr. Dominik Schober, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und Universität Mannheim; Prof. Dr. jur. Hartmut Weyer, Technische Universität Clausthal; Dr. Oliver Woll, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
Publikationsnummer
111/03-S-2017/DE
Veröffentlichungsdatum

10. April 2017

Seitenzahl
116
Zitiervorschlag
Agora Energiewende (2017): Neue Preismodelle für Energie. Grundlagen einer Reform der Entgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen auf Strom und fossile Energieträger. Hintergrund. Berlin, April 2017.
Projekt
Diese Publikation wurde erstellt im Rahmen des Projektes Abgaben und Umlagen.

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