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Format
Analyse
Date
7. September 2017

Das Klimaschutzziel von -40 Prozent bis 2020: Wo landen wir ohne weitere Maßnahmen?

Eine realistische Bestandsaufnahme auf Basis aktueller Rahmendaten

Einleitung

Die nächste Messlatte dafür, wie ernst es Deutschland mit dem Klimaschutz ist, liegt im Jahr 2020. Dann – in nicht einmal vier Jahren – sollen in Deutschland die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen um 40 Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen. Dieses Ziel hat die große Koalition bereits 2007 im Integrierten Energie- und Klimaprogramm festgelegt, seither wurde es immer wieder bekräftigt. Zuletzt bekannte sich Bundeskanzlerin Merkel im Juli 2017 im ARD-Sommerinterview zu dem Ziel. 

Die Lücke zum Ziel ist noch groß. Im Jahr 2016 lag die Emissionsminderung bei -28 Prozent verglichen mit 1990, die Differenz zum 2020-Ziel beträgt 150 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Der im April 2017 vorgelegte Klimaschutz-Projektionsbericht der
Bundesregie­rung prognostiziert, dass die bereits beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen dazu führen, dass die Emissionen bis zum Jahr 2020 um 35 Prozent sinken.

Allerdings: Der Projektionsbericht geht von veralteten Annahmen aus. Die tatsächliche Entwicklung in etlichen für den Treibhausgasausstoß relevanten Bereichen wird deutlich unterschätzt. Auf Basis neuerer Zahlen hat Agora Energiewende deshalb die im Projektionsbericht angestellten Kalkulationen aktualisiert. Das Ergebnis ist leider, dass die Klimaschutzlücke deutlich größer ist als bislang gedacht.

Die neue Bundesregierung wird daher kurzfristig deutlich nachlegen müssen, will sie zumindest noch in die Nähe des 2020-Klimaschutzziels kommen.

Kernergebnisse

  1. Ohne weitere Maßnahmen wird Deutschlands Klimaschutzziel für 2020 drastisch verfehlt.

    Der Ausstoß von Treibhausgasen wird im Business-as-Usual-Szenario bis 2020 gegenüber 1990 nicht um 35 Prozent zurückgehen, wie bisher von der Bundesregierung angenommen, sondern lediglich um 30 bis 31 Prozent. Es bleibt eine Lücke von rund 120 Millionen Tonnen CO2e im Jahr 2020 zum Ziel. 

  2. Die wesentlichen Ursachen für höhere Emissionen: Niedrige CO₂- und Ölpreise, höheres Wachstum.

    Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum fallen bis 2020 stärker aus als prognostiziert, demgegenüber sind die Preise für CO2, Diesel, Benzin und Heizöl deutlich niedriger als erwartet. Die Folge: In allen Sektoren sind die Emissionen 2020 höher als bislang offiziell prognostiziert, da mehr Kohle verstromt wird, mehr Pkw und Lkw auf den Straßen fahren, die Industrie stärker wächst und in Gebäuden weiterhin mit Ölheizungen geheizt wird. 

  3. Ein deutliches Verfehlen des 2020-Klimaschutzziels würde dem internationalen Ansehen Deutschlands erheblich schaden.

    Seit der Kanzlerschaft von Helmut Kohl forciert Deutschland international den Klimaschutz – zuletzt im Juli 2017 auf dem G20-Gipfel in Hamburg. Ein deutli-ches Verfehlen des Minus-40-Prozent-Ziels würde daher nicht nur dem Klima schaden, sondern auch die deutsche Vorreiterrolle international grundlegend in Frage stellen. 

  4. Um noch so nah wie möglich an das Klimaschutzziel 2020 zu kommen, ist ein unmittelbar im Koalitionsvertrag verankertes Sofortprogramm „Klimaschutz 2020“ unumgänglich.

    Dieses müsste von der künftigen Regierung zügig beschlossen und schon im ersten Halbjahr 2018 um-gesetzt werden, um noch bis 2020 Wirkung entfalten zu können. 

Bibliographische Daten

Autor:innen
Dr. Patrick Graichen, Frank Peter, Philipp Litz
Veröffentlichungsdatum

7. September 2017

Seitenzahl
11
Projekt
Diese Publikation wurde erstellt im Rahmen des Projektes Zukunft der Kohleverstromung.

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