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Format
Studie
Date
25. April 2025

Lokale Strompreise

Wie die Integration der Netzrealität in den Strommarkt gelingt und Kosten senkt

Lokale Strompreise

Einleitung

Ein zukunftsfähiges Energiesystem braucht ein Strommarktdesign, das Stromerzeugung, -speicherung und -nachfrage von der Küste bis zu den Alpen aufeinander abstimmt. Die aktuelle einheitliche Strompreiszone leistet bis heute gute Dienste; sie führt jedoch absehbar zu Ineffizienzen und macht Strom unnötig teuer.

Der Blick in andere Länder zeigt: Strommärkte werden zunehmend lokal ausgestaltet – besonders dort, wo der Anteil von Wind- und Solarenergie stark zunimmt. Mit Spannung wird vor diesem Hintergrund nun die Empfehlung der europäischen Übertragungsnetzbetreiber zu alternativen Preiszonenkonfigurationen erwartet. Unsere Auswertung zeigt, wie lokale Strompreise dazu beitragen können, Netze effizienter zu bewirtschaften, systemische Fehlanreize für Verbraucher zu vermeiden und die Strompreise zu senken. Sie zeigt aber auch, welche Akteure einen Nachteil haben und diskutiert Wege, diese zu adressieren. Gleichzeitig mit der Studie veröffentlichen wir das Lokale Agorameter. Das Web-Tool erlaubt, die Effekte lokaler Preise anhand aktueller Marktdaten nachzuvollziehen. 

Mit Tool und Studie wollen wir zu einer informierten Debatte über die erfolgreiche Weiterentwicklung des Strommarktes in Deutschland und Europa beitragen.
 

Kernergebnisse

  1. Der einheitliche Strompreis in Deutschland ist blind für die Auslastung des Übertragungsnetzes und sendet damit zunehmend problematische Fehlanreize an Verbraucher, Speicher und Erzeuger.

    Netzbetreiber müssen daraus resultierende Fehlplanungen korrigieren, indem sie etwa kurzfristig Windräder im Norden herunterregeln und Kraftwerke im Süden hochfahren („Redispatch“). Die Kosten sind zwischen 2019 und 2023 von 1,3 auf 3,2 Milliarden Euro gestiegen. Dies verschärft sich, wenn künftig mehr flexible Verbraucher und Speicher ans Netz kommen und auf falsche Preissignale reagieren.

  2. Lokale Strompreise können die meisten Eingriffe der Netzbetreiber vermeiden.

    Sie geben der Netzauslastung ein Preisschild und setzen damit marktliche Signale für den Kraftwerkseinsatz sowie für Stromverbrauch und Speicherung zu Zeiten, in denen Strom günstig vor Ort verfügbar ist. Erst so ist eine effiziente Einbindung von E-Autos, Batterien, Elektrolyseuren oder Wärmepumpen möglich. Dabei gilt: Erst wirklich granulare Preise setzen auf Dauer verlässlich die richtigen Anreize.

  3. Durch die Einführung lokaler Preise würden die Strompreise für den Großteil der Verbraucher sinken; benachteiligte Unternehmen könnten ohne zusätzliche Haushaltsmittel kompensiert werden.

    2023 wäre somit der mittlere Strompreis um 6 Euro pro Megawattstunde (EUR/MWh) niedriger gewesen. Zugleich erlauben Einnahmen der Netzbetreiber – sogenannte Engpassrenten – eine gezielte Kompensation derjenigen Industrieunternehmen im Süden, die von Mehrkosten betroffen sind. Allerdings: Mit sinkenden Strompreisen steigt der Zuschussbedarf für Erneuerbare – getrieben durch die Erzeugung im Norden.  

  4. Ein lokal organisierter Strommarkt steigert die Kosteneffizienz eines klimaneutralen Stromsystems.

    Auch wenn der Koalitionsvertrag zunächst ein Festhalten an der einheitlichen Gebotszone vorsieht, sollte die Bundesregierung parallel eine europäisch koordinierte Roadmap entwickeln, wie ein lokal differenziertes Preissystem ausgestaltet werden kann. Ein erster Schritt kann die Ergänzung der Preiszone um lokale Investitionssignale sein. Vor Umstellung der Preisbildung sollten ein liquider Terminhandel für lokale Strommärkte etabliert und flächendeckend die Wirtschaftlichkeit von EE-Investitionen gesichert werden. 

Bibliographische Daten

Autor:innen
Norman Gerhardt, Kaspar Knorr, Yannic Harms, Jakob Kopiske und Diana Bottger (alle Fraunhofer IEE); Philipp Godron, Thorsten Lenck, Katharina Hartz, Fabian Huneke und Katrin Schaber (alle Agora Energiewende)
Publikationsnummer
355/01-S-2025/DE
Versionsnummer
1.0
Veröffentlichungsdatum

25. April 2025

Seitenzahl
97
Zitiervorschlag
Agora Energiewende und Fraunhofer IEE (2025): Lokale Strompreise. Wie die Integration der Netzrealität in den Strommarkt gelingt und Kosten senkt.
Projekt
Diese Publikation wurde erstellt im Rahmen des Projektes Lokales Agorameter.

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