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Kommentar
Date
28. Juli 2021

Klimaneutraler Wiederaufbau

Wie nach dem Hochwasser die Sanierung von Häusern, Heizungen und Wärmenetzen in den betroffenen Gebieten im Einklang mit dem Klimaschutz gelingen kann

Nach dem Hochwasser

Die verheerenden Hochwasser haben die Gebäude und die Infrastruktur in den Überschwemmungsgebieten in West- und Süddeutschland stark in Mitleidenschaft gezogen. Häuser und Versorgungsleitungen wurden teilweise völlig zerstört. Die Fluten haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, beim Wiederaufbau nun neben der notwendigen Maßnahmen im Hochwasserschutz auch den Klimaschutz im Rahmen der vereinbarten Klimaziele zu berücksichtigen.

Das Bundeskabinett hat angekündigt, rund 200 Millionen Euro Soforthilfen für die betroffenen Regionen bereitstellen zu wollen. Um jetzt kostspielige Fehlinvestitionen auf Seiten der Gemeinden und der Hauseigentümer sowie Lock-in-Effekte im Gebäude- und Wärmesektor zu vermeiden, sollten die ohnehin erforderlichen Anstrengungen auf das Ziel der Klimaneutralität ausgerichtet werden. So kann sichergestellt werden, dass die nun zu erneuernde Infrastruktur und die Sanierung der Häuser Bestand hat und nicht nach kurzer Zeit erneut umgerüstet werden muss. Denn für einen klimaneutralen Gebäudebestand bis 2045 braucht es energieeffiziente Gebäude, Wärmepumpen (vor allem im Ein- und Zwei-Familienhausbereich) sowie klimaneutrale Nah- und Fernwärmenetze. Damit dies nun auch in den Flutgebieten umgesetzt werden kann, sollten die Fördermittel von Bund und Ländern sowohl aus volkswirtschaftlicher Sicht als auch für die betroffenen Gebäudeeigentümer:innen nachhaltig genutzt und voll auf diese Zukunftstechnologien ausgerichtet werden.

Unterstützung für Hauseigentümer:innen

Aus Sicht des Klimaschutzes, bringt eine großzügige und zugleich zukunftsgerichtete Förderung für Hauseigentümer:innen die betroffenen Regionen voran – im Einklang mit schneller Hilfe und weiteren Maßnahmen, die verabschiedet werden müssen, um die Gebiete gegen künftige Katastrophen resilienter zu machen. Das bedeutet:

  • Wo Häuser komplett neu errichtet werden müssen, sollen sie wenn möglich als klimaneutrale Gebäude wieder neu aufgebaut werden (KfW 40 Standard). Bund- und Landesmittel sollten dies besonders hoch bezuschussen, damit keine finanziellen Notlagen entstehen.
  • Wo Häuser saniert werden, sind die einzelnen Sanierungsmaßnahmen (zum Beispiel einer Fassade) auf Klimaneutralität auszurichten (KfW 55 Standard). Auch dies sollte hoch bezuschusst werden, um eine einfache Sanierung mit schlechterem Effizienz-Standard zu vermeiden. Die vom Hochwasser betroffenen Eigentümer:innen sollten darüber hinaus kostenlose Sanierungsfahrpläne mit aufeinander abgestimmten Maßnahmen an die Hand gereicht bekommen.
  • Neue Heizungen: Wo immer eine alte Ölheizung ersetzt werden muss, sollte unbedingt ein Austausch in Richtung Wärmepumpe erfolgen – sowohl aus Klimaschutzgründen, aber auch als Vorsorge vor einem künftigen Hochwasser, da Ölheizungen im Katastrophenfall besondere Gefahren bergen. Die Förderung für Wärmepumpen in diesen Gebieten sollte gegenüber der klassischen Förderung nochmals erhöht werden, eine neue Ölheizung sollte hingegen keinen Zuschuss erhalten.

Wiederaufbau der kommunalen Wärmeinfrastruktur

In den Quartieren und Stadteilen, in denen lokale Gasnetze besonders schwer beschädigt  sind und jetzt wieder neu errichtet werden müssten, ist kurzfristig zu prüfen, ob nicht stattdessen ein Nah- oder Fernwärmenetz errichtet werden kann. Damit der Anschluss an die Häuser gelingt, sollten dort § 556c BGB und die Wärmeliefer-Verordnung nicht mehr gelten. Diese neuen Nah- oder Fernwärmenetze sollte dann so konzipiert werden, dass sie vorhandene grüne Wärmequellen erschließen und in den nächsten 20 Jahren nach und nach auf Klimaneutralität ausgerichtet werden können. Vor allem Standorte an Roh- und Trinkwasseranlagen, die ggf. ohnehin erneuert werden müssen, sollten so konzipiert werden, dass ein Anschluss an Großwärmepumpen vorgesehen wird. Kurzfristig unbürokratisch bereitgestellte Bundes- und Landesmittel sollten eine solche Planung vollständig finanzieren und die Errichtung solcher Netze inkl. erster Großwärmepumpen mit hohen Förderquoten ermöglichen.

Den Menschen und Kommunen vor Ort muss jetzt schnell großzügig geholfen werden. Die Soforthilfen von 200 Millionen Euro sind daher richtig und wichtig, erhöhte Förderquoten im Vergleich zu den normalen Förderprogrammen sind zudem geboten. Diese Fördermittel sollten jetzt so genutzt werden, dass die Infrastrukturen und Gebäuden zukunftsfest gemacht werden – sowohl mit Blick auf mögliche künftige Hochwasserereignisse als auch auf die Herausforderung Klimaneutralität 2045. Denn sonst wären die Fördermittel nicht nachhaltig investiert und unnötige Zusatzkosten würden für den Umbau nach dem Wiederaufbau entstehen.

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