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Fabian Hein
Projektmanager EU Politik
Stromerzeugung im ersten Halbjahr 2020
CO₂-Emissionen sinken deutlich, Kohlekraftwerke ohne Gewinne, Erneuerbare decken 50 Prozent des deutschen Stromverbrauchs, Stromnachfrage weiterhin auf geringem Niveau
Erneuerbare Energien haben in der ersten Jahreshälfte über die Hälfte (50,3 Prozent) des deutschen Stromverbrauchs gedeckt. Der Zuwachs von acht Prozent geht auf die Windenergie (an Land plus 10 Prozent, auf See plus 18 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum) und Solaranlagen (plus 13 Prozent) zurück. Die erhöhte Variabilität hat auch zu vermehrtem Einsatz von Pumpspeicherkraftwerken geführt (plus 23 Prozent). Der Zuwachs der Strommengen täuscht dabei über den weiterhin fehlenden Zubau von Windrädern hinweg: Die jüngsten Ausschreibungsrunden für Windkraftanlagen an Land waren wieder massiv unterzeichnet.
Große Mengen erneuerbaren Stroms, niedrige Stromnachfrage und der Wechsel von Kohle zu Gas haben zu einer Emissionseinsparung von über 30 Millionen Tonnen CO₂ im Stromsektor geführt. Der Rückgang von Treibhausgasen geht zu etwa zwei Dritteln auf Corona-bedingte Effekte zurück; die geringe Stromnachfrage und ein niedriger Strompreis. Die übrige Minderung ist auf den milden Winter, Winterstürme zu Beginn des Jahres, viele Sonnenstunden und den Kohle-Gas-Switch zurückzuführen. Strom aus erneuerbaren Anlagen deckt gut 50 Prozent des Stromverbrauchs und etwa 49 Prozent der Stromerzeugung in Deutschland, da Deutschland nach wie vor Strom exportiert.
Die Kohleverstromung nahm im ersten Halbjahr um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ab. Insgesamt waren Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke zusammen für weniger als 20 Prozent der gesamten Erzeugung verantwortlich. Neben einem steigenden Anteil Erneuerbarer sind aufgrund der Corona-bedingt niedrigen Stromnachfrage insgesamt weniger Kraftwerke im Einsatz. Dazu kommt ein niedriger Preis für den Energieträger Erdgas kombiniert mit einem konstanten CO₂-Preis, womit das weniger klimaschädliche Erdgas gegenüber Kohlestrom einen relativen Kostenvorteil erlangt: die Grenzkosten von Erdgasanlagen sind 2020 erstmals geringer als die Grenzkosten von Kohlekraftwerken und kommen deswegen nun häufiger zum Einsatz. Gaskraftwerke konnten ihre Erzeugung um gut 10 Prozent steigern und steht kurz davor genau so viel Strom zu erzeugen wie Kohlekraftwerke.
Am kurzfristigen Strom-Spotmarkt können viele Kohlekraftwerke in der aktuellen Preissituation von weniger als 25 Euro pro Megawattstunde keine Gewinne erwirtschaften. Laufende Kosten können gedeckt, Fixkosten jedoch nicht amortisiert werden. Zwar sind diese meist über langfristige Verträge abgesichert, doch auch diese Future-Preise fielen mit Beginn der Corona-Pandemie auf unter 35 Euro je Megawattstunde. Inzwischen haben sich die langfristigen Börsenstrompreise wieder etwas erholt, ihr Niveau fällt jedoch seit gut neun Monaten stetig. Die Spotmarktpreise lagen im ersten Halbjahr im Durchschnitt bei 23,3 Euro je Megawattstunde, was ein Preisverfall von 40 Prozent bedeutet.
Insgesamt liegt die Nachfrage über 3,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau (Schalttag-korrigiert sogar über 4 Prozent). Zwischenzeitlich fiel sie in der Corona-Krise innerhalb weniger Wochen um etwa 10 Prozent, was im europäischen Vergleich jedoch ein eher geringer Wert ist.
Die hohen Anteile Erneuerbarer Energie und der Preisverfall in Deutschlands Nachbarländern, der ebenfalls maßgeblich auf einen erheblichen Nachfragerückgang in Folge von Corona zurückzuführen ist, haben dazu geführt, dass Deutschland zwar noch immer ein Stromexportland ist, der Exportsaldo ging aber um etwa zwei Drittel auf gut sieben Terawattstunden zurück.
Im Ergebnis wird das Klimaschutzziel für 2020 von -40 Prozent Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 aller Voraussicht nach erfüllt oder sogar übertroffen. Allerdings ist dies kein klimapolitischer Erfolg, sondern vielmehr auf Wetterkonditionen und Corona-Effekte zurückzuführen. Damit die Emissionen dauerhaft sinken, müssten viele Wind- und Solaranlagen gebaut werden – aber gerade im Windbereich herrscht weiterhin Flaute. Die jüngsten Ausschreibungsrunden für neue Windkraftanlagen an Land waren wieder massiv unterzeichnet. Im Ergebnis könnten bei steigendem Stromverbrauch, fallenden CO2-Preisen und oder steigenden Gaspreisen die CO2-Emissionen wieder rasch steigen.
Ergebnisse auf einen Blick:
- Durch die Kombination von Corona-Effekten und guten Wetterbedingungen für Windkraft- und Solaranlagen sanken die CO2-Emissionen deutlich.
- Kohlekraftwerke erwirtschaften gegenwärtig keine Gewinne.
- Erneuerbare Energien decken 50 Prozent des deutschen Stromverbrauchs.
- Die Stromnachfrage bewegt sich weiterhin auf geringem Niveau.
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