-
Thorsten Lenck
Programmleiter International Energy Data and Modelling Hub
-
Patrick Graichen
Exekutivdirektor (bis Dezember 2021)
CO₂-Preis und EEG-Umlage
Wie die EEG-Umlage bei einem moderaten CO₂-Preis von 45 Euro pro CO₂ schon 2022 auf 2,5 Cent sinken kann
Die EEG-Umlage war schon immer ein großes Politikum in den Energiewende-Diskussionen. Lag sie 2011 noch bei 3,5 Cent je Kilowattstunde, stieg sie bis 2014 auf 6,2 Cent an und pendelt seither zwischen 6 und 7 Cent je Kilowattstunde, mit einem Peak von 6,9 Cent im Jahr 2017. Im Jahr 2021 drohte sie auf Rekordhöhen zu steigen, weil der Börsenstrompreis im Gefolge der Corona-Krise in den Keller rauschte und die EEG-Differenzkosten deutlich stiegen. Die Bundesregierung hat daraufhin im Juni 2020 im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets beschlossen, Rücklagen aus dem Energie- und Klimafonds zur Senkung der EEG-Umlage einzusetzen, und sie so im Jahr 2021 auf 6,5 Cent und im Jahr 2022 auf 6 Cent je Kilowattstunde zu stabilisieren.
Seither hat sich einiges getan: Der CO₂-Preis im EU-Emissionshandel ist deutlich gestiegen und hat zuletzt sogar die Marke von 50 Euro pro Tonne CO₂ geknackt, auch Kohle- und Erdgaspreise auf den globalen Märkten sind wieder gestiegen. In der Folge ist auch der Strompreis an der Börse wieder deutlich gestiegen – auf aktuell 60 Euro pro Megawattstunde im Jahresfuture für 2022. Die Folge: Die EEG-Umlage 2022 wird ohnehin deutlich sinken, weil bisher für 2021 mit Einnahmen auf Basis eines Börsenstrompreis von 41 Euro je Megawattstunde gerechnet wurde. Wenn der Jahresfuture bei 60 Euro je Megawattstunde bis zum Sommer auf diesem Niveau bleibt (das heißt auch im EEG-prognoserelevanten Zeitraum 16. Juni bis 15. September 2021), reduziert dies die EEG-Differenzkosten 2022 erheblich. Allein dies würde zu einer EEG-Umlagensenkung auf 5,2 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2022 führen – auch ohne Bundeszuschuss.
Die Frage ist, ob die EEG-Umlage nicht noch deutlich weiter sinken müsste. Hierzu zwei Erinnerungen an die politischen Kompromisse im Zuge der Einführung des CO₂-Preises im Rahmen des Brennstoff-Emissionshandelsgesetzes (BEHG):
- Das BEHG in seiner ursprünglichen Fassung vom 12. Dezember 2019 hatte für 2022 einen CO₂-Preis von 20 Euro pro Tonne vorgesehen. Während der größte Teil der Einnahmen neue Förderprogramme finanzieren sollte, war von vorneherein ein (kleiner) Teil der Einnahmen des Jahres 2022 in der Prognose des Bundesfinanzministeriums für die Senkung der EEG-Umlage vorgesehen, nämlich 1,75 Milliarden Euro. Erinnert sich die Bundesregierung an dieses Versprechen, entspricht dies einer Reduktion um 0,5 Cent pro Kilowattstunde.
- Ende 2019 kam es dann im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat zu einem Kompromiss, in dessen Gefolge der CO₂-Preis für das Jahr 2022 auf 30 Euro pro Tonne CO₂ angehoben wurde. Der Kompromiss war verbunden mit der Zusage der Bundesregierung, dass die Mehreinnahmen zur Senkung der EEG-Umlage benutzt werden. Die Mehreinnahmen aus diesen 10 Euro pro Tonne CO₂ belaufen sich auf etwa 3,6 Milliarden Euro, was die EEG-Umlage nochmals um 1 Cent je Kilowattstunde senken würde.
Allein durch diese beiden Effekte – also dem Einhalten der früheren Zusagen der Bundesregierung – ist es möglich, die EEG-Umlage 2022 auf 3,8 Cent pro Kilowattstunde zu senken.
Es geht aber noch mehr. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag Alexander Dobrindt hat aktuell gefordert, den CO₂-Preis im Jahr 2022 um weitere 15 Euro auf 45 Euro je Tonne CO₂ zu erhöhen – ein aus Klima-Perspektive absolut richtiger Vorschlag. Dies könnte problemlos in den kommenden Wochen im Bundestag beschlossen werden, die Gesetzesänderung ist unkompliziert. Werden auch die hier entstehenden zusätzlichen CO₂-Preis-Einnahmen (ca. 4,5 Milliarden Euro) vollständig zur Senkung der EEG-Umlage eingesetzt, senkt dies die EEG-Umlage um weitere 1,3 Cent pro Kilowattstunde. Die EEG-Umlage würde dann auf etwa 2,5 Cent pro Kilowattstunde sinken.
Eine EEG-Umlage von 2,5 Cent je Kilowattstunde im kommenden Jahr wäre ein Befreiungsschlag für den Klimaschutz. Wir wären dann wieder auf einem Niveau wie zuletzt im Jahr 2010 – und die Preissignale würden endlich in die richtige Richtung gesetzt: Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas werden teurer – und Strom wird billiger. Das ist dringend nötig, schließlich haben wir die höchsten Haushaltsstrompreise in Europa. Die Folge: Elektromobilität, Wärmepumpen und elektrische Produktionsprozesse würden wettbewerbsfähig gegenüber dem Diesel und Benziner, dem Heizöl-Kessel und den gasbasierten Dampferzeugern in der Industrie. Klimaschutz würde nicht mehr an den Sektorengrenzen halt machen, die Sektorkopplung käme endlich voran.
Fazit: Der Bundestag hat es in der Hand: Parallel zur Novelle des Klimaschutzgesetzes sollte er jetzt auch die Chance ergreifen, den CO₂-Preis moderat zu erhöhen, um so die EEG-Umlage drastisch zu senken.
P.S. Natürlich würde der Haushaltsstrompreis nicht im gleichen Umfang sinken wie die EEG-Umlage, denn die höheren Börsenstrompreise haben einen gegenläufigen Effekt – schließlich steigen so die Beschaffungspreise für die Vertriebe. Eine Reduktion der EEG-Umlage um 4 Cent je Kilowattstunde, wie hier skizziert, würde eine Reduktion der Haushaltsstrompreise um etwa 2,4 Cent je Kilowattstunde bedeuten – was für eine durchschnittliche Familie immerhin gut 80 Euro im Jahr geringere Stromkosten bedeutet. Und vor allem: Der Klimaschutzanreiz bleibt, denn die relativen Preise zwischen Strom einerseits und fossilen Energien andererseits sind nachhaltig geändert.
Bleiben Sie auf dem Laufenden
Neuigkeiten auf der Website? Erhalten Sie regelmäßige Informationen über unseren Newsletter.