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Vom Wasserbett zur Badewanne
Gemeinsames Papier von Agora Energiewende und Öko-Institut analysiert die aktuelle Reform des Europäischen Emissionshandelssystems und zeigt auf, warum zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen jetzt ihre volle Wirkung entfalten können
Berlin, 12. Juli 2018. Der Europäische Emissionshandel (ETS) hat sich nach der jüngsten Reform, die im April 2018 in Kraft trat, erholt. Nachdem die Verschmutzungsrechte je Tonne CO2 lange Zeit nur wenige Euro kosteten, hat sich der Preis seit Mai bei etwa 15 Euro stabilisiert. „Das zeigt, dass dem ETS allmählich wieder ein gewisses Grundvertrauen entgegengebracht wird“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Der Thinktank hat gemeinsam mit dem Öko-Institut eine Analyse erstellt, die sich mit der Wirkung der jüngsten Reform auseinandersetzt und diese nun veröffentlicht.
Das Papier zeigt auch, dass der so genannte Wasserbetteffekt Geschichte ist. Als Wasserbetteffekt wurde das Manko des bisherigen ETS bezeichnet, dass zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen – etwa die Stilllegung von Kohlekraftwerken – nur einen eingeschränkten Klimaschutzeffekt hatten. Denn die dadurch freiwerdenden ETS-Zertifikate wurden nicht gelöscht, sondern standen stattdessen anderen Emittenten zur Verfügung. Seit April nun gilt, dass überschüssige Zertifikate von 2023 an zum Großteil entweder automatisch aus dem ETS-System gelöscht werden oder aber – wenn sie aus der Stilllegung von Kohlekraftwerken stammen - auch dezidiert von den am ETS teilnehmenden Staaten entwertet werden können. „Aus dem Wasserbett ist eine Badewanne mit Überlaufventil geworden“, sagt Graichen. „Über dieses Ventil fließen überschüssige Zertifikate kontrolliert ab. Das alte Argument, dass zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen nichts bringen, gilt damit nicht mehr.“
Fraglich ist der Analyse zufolge allerdings noch, inwieweit die jüngste Reform auch zu den für Investitionen in CO2-Vermeidungstechnologien sowie den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung notwendigen Knappheitspreisen führen wird, denn: „Mit der aktuellen Reform des Emissionshandels ist ein wichtiger erster Schritt getan worden, die CO2-Bepreisung wieder zu einem relevanten Teil des klimapolitischen Werkzeugkastens zu machen. Aber eben auch nur ein erster Schritt, auf den weitere folgen müssen“, sagt Dr. Felix Christian Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik des Öko-Instituts. Zwar wird mit der Reform die Menge der ausgegebenen Zertifikate ab der nächsten Handelsperiode im Jahr 2021 jährlich um 2,2 Prozent gesenkt und damit stärker als bisher. Angesichts des europaweiten Zubaus von Erneuerbaren Energien, der erwarteten altersbedingten Stilllegung von Kohlekraftwerken und des preisbedingten Trends von Steinkohle zu Erdgas könnten die tatsächlichen Emissionen ähnlich schnell sinken, so dass auch langfristig keine Knappheit an CO2-Zertifikaten entsteht - und somit auch keine entsprechenden CO2-Preise.
Die Analyse beschreibt detailliert die Änderungen am Emissionshandelssystem und skizziert anhand konkreter Szenarien mögliche Entwicklungspfade. Überdies zeigt es Ansätze für mögliche Weiterentwicklungen auf. Die Publikation steht unten zum kostenfreien Download zur Verfügung.
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